Bei der Farbgebung von einer Temperaturempfindung zu sprechen erscheint möglicherweise absurd – daran erkennen wir jedoch, wie sehr die verschiedenen Sinneswahrnehmungen miteinander in Wechselwirkung stehen. Untersuchungen haben ergeben, dass in Arbeitsräumen deren Farbton im blaugrün Bereich liegt, das Temperaturempfinden bis zu 4 Grad Celsius zu denjenigen Räumen mit rotorangem Anstrich differiert. Demnach empfanden die Probanden den blaugrünen Raum mit einer
Innentemperatur von 15 Grad Celsius als kalt, während die gleichen Versuchspersonen einen orangeroten Raum erst bei 11-12 Grad kalt fühlten.
Wissenschaftlich untersucht bedeutet dieses Phänomen, daß die Farbe Blaugrün den Impuls der organischen Zirkulation dämpft, während ihr Gegenpol Rotorange dessen Aktivität anregt.
„Was Warm und Kalt betrifft, ist es im abendländischen Kulturkreis eine ausgemachte Sache, dass in der Regel Blau kalt erscheint und die benachbarte Gruppe Gelb-Orange-Rot warm aussieht. Da jede Temperatur im Vergleich mit anderen Temperaturen höher oder tiefer eingestuft werden kann, gelten diese Qualifikationen nur bedingt. Somit gibt es auch warme Blau und kalte Rot innerhalb der jeweiligen Farbfamilien. Doch wenn diese Temperaturanzeiger Rot und Blau mit Neutral-Tönen (Weiß, Schwarz oder Grau) zusammengestellt werden oder mit deren Mischung, besonders im Falle der temperatur neutralen Farben Grün und Violett, dann wird eine Einteilung immer schwieriger.
Seine größte Kontrastwirkung wird mit den Farben Orangerot (warm) und Blaugrün (kalt) erreicht. Alle übrigen Farben erscheinen kalt oder warm je nach ihrer Kontrastierung mit wärmeren oder kälteren Tönen“, schreibt Itten.
Der Kalt-Warm-Kontrast bezeichnet demnach einen Temperaturunterschied. Ein rosa Fleck auf orangem bzw. preußischblauem Hintergrund wirkt einmal „kühl“ das andere mal „warm“.